Gibt es eine individualpsychologische Pädagogik? Ja, wenn man darunter eine fruchtbare pädagogische Praxis versteht, wie sie in Anlehnung an die individualpsychologische Theorie seit der Wiener Schulreform gelebt worden ist und weiterhin in dieser oder jener Variante gelebt wird.
Aber wie steht es mit der Existenz einer individualpsychologischen Pädagogik, wenn diese als systematische Reflexions- und Handlungswissenschaft zugleich verstanden wird? Natürlich gibt es ein reiches pädagogisches Schrifttum, das sich auf die Theorien von Adler und Dreikurs beruft. Was jedoch fehlt, sind systematische Einführungen in die individualpsychologische Pädagogik sowie deren theoretische Grundlegung. Was fehlt, sind zum Beispiel systematische Aufarbeitungen der früheren und späteren individualpsychologischpädagogischen Positionen und Bezüge zu aktuellen pädagogischen Fragestellungen.
Wie der festgestellten Diskrepanz zwischen der praktischen Bedeutung der individualpsychologischen Pädagogik und deren theoretischer Aufarbeitung entgegengearbeitet und der Bereitstellungsprozess der individualpsychologischen Pädagogik für die moderne Erziehungswissenschaft verbessert werden kann, wird diskutiert.